Auszug aus einem Text von Michael von der Lohe, Geschäftsführer des OMNIBUS
"Künstler erleben zunächst eine tiefe innere Notwendigkeit, gestaltend in die Welt einzugreifen. Dieser Schaffensdrang verdichtet sich so sehr, dass sie ihm kaum mehr ausweichen können. Erlösung scheint nur durch Tun möglich.
Sie beginnt mit dem ersten Schritt. Was auch immer es ist, wie auch immer er aussieht, damit entsteht ein Etwas, das uns ermöglicht, den Kontakt mit einem noch nicht Erschienenen aufzunehmen. Selbst Künstler kennen das Kunstwerk zu Beginn der Arbeit noch nicht, aber es sagt sich fortwährend im Prozess der Entstehung. Proportionen, das rechte Maß, Stimmigkeit, wie will ich sein, teilt das Kunstwerk im Verlauf seines Entstehens fortwährend mit. Daran orientiert sich der Künstler. Kunst wird es nur dann, ein Neues, wenn der ausführende Mensch empfangsgoffen bleibt und sich nicht mit seinem Eigennutz, seinem harten Willen, mit seinen Gewohnheiten oder gesellschaftlichen Traditionen hineinmischt.
Wenn jeder Mensch den oben beschriebenen künstlerischen Gestus auf all sein Tun erweitert, dann beginnt die gemeinsame Arbeit an der Sozialen Plastik. So wird jeder Mensch zum Künstler. Er beginnt in neuer Gegenwärtigkeit die Gestaltung des Zusammenwirkens mit allen Lebewesen. Eine innere Instanz wird wach erlebt, die nicht auf Gewohntes oder Traditionelles zurückgreift, sondern im gegenwärtigen Kontakt, zur Frage, zum Thema, tätig wird.
So wird auch meine eigene Biographie durch den erweiterten Kunstbegriff zu einem künstlerischen Auftrag. Mit der Zeit entsteht ein neuer, innerer Zeuge, dessen Gegenwärtigkeit schon vor und in meinem Handeln, das stimmige Maß, die richtige Proportion, freilassend anregt. So kann auch im Prozess ein Leben zum Kunstwerk werden.
Die Demokratie, also die Gleichheit aller Menschen im Recht, ist ein künstlerischer Auftrag, der jeden Menschen zum verantwortlichen Mitkünstler macht, wenn in einzelnen Gestaltungsfragen jede Stimme gleich zählt. Direktdemokratische Volksabstimmungen als Menschenrecht sind eine unumgängliche Notwendigkeit. Wir benötigen dringend die Vielfalt an Intuitionen, die jeder Mensch über das Initiativrecht ins Gespräch und bei zustimmender Bedarfsbekundung der Mehrheit zur Entscheidung durch Alle bringen kann. Ohne sie, ohne die gleichberechtigte Beteiligung aller Menschen an der Gestaltung der Sozialen Plastik, degeneriert die Demokratie in autokratische Verhältnisse, weil sie dem Egoismus der Gewählten, ihrem alleine Gestaltenwollen, zum Opfer fällt."